Tipps fürs eigene Gedicht

Wie so oft im Leben sind die Talente unterschiedlich verteilt. Während der eine mit leichter Feder in Kürze ein schönes Gedicht schreiben kann, fällt es dem anderen schwer auch nur ein Wort zu Papier zu bringen. Im Leben gibt es aber immer wieder Anlässe, bei denen ein Gedicht die schönste Form ist, einem anderen Menschen etwas zu schenken. Wir kennen und schätzen das, wenn bei Hochzeiten oder runden Geburtstagen jemand ein Gedicht vorträgt, dann ist das immer etwas sehr persönliches und wird von den anderen Gästen besonderes geschätzt und goutiert. Doch was tun, wenn man mit wenig Talent zum Gedichte schreiben bedacht wurde? Dann können eventuell einige Tipps helfen, die die qualvollen Stunden vor dem weißen Blatt Papier etwas verkürzen:

Tipp 1: Von der Idee zum Konzept

Versuche nicht gleich mit dem ersten Reim zu beginnen, sondern nimm Dir zunächst ein Blatt Papier und schreibe in kurzen Sätzen oder Stichworten auf, was Dir zum Thema oder der Person (oder Personen) einfällt. Welche lustigen Begebenheiten oder Anekdoten fallen Dir zur der Person oder zum Thema ein? Welche besonderen Eigenschaften hat die Person, die Du mit dem Gedicht bedenken willst? Zum Beispiel: „war schon viermal verheiratet“ oder „geizig“. Dabei sollte man sehr offen sein und die Schere im Kopf vergessen. Schreib wirklich alles auf, was Dir in den Kopf kommt. Setze die Punkte nicht untereinander, sondern verteile sie wild und ohne Zusammenhang über das ganze Blatt Papier. Diese Form des kreativen Flusses ist eine gute Grundlage für die eigentliche Struktur bzw. das Konzept für Dein Gedicht. In einem nächsten Schritt kannst Du dann versuchen, die einzelnen Punkte in einen Bezug zu bringen, indem Du sie einkreist und wenn Sie zusammenpassen, durch Linien miteinander verbindest.

Danach bringst Du auf einem weiteren Blatt Papier Deine Punkte bzw. die Gruppen, die durch die Verbindungslinien entstanden sind, in eine Reihenfolge. Bei einer Person bietet es sich an, nach zeitlichen Ablauf – also chronologisch – zu sortieren. In diesem Schritt übernimmst Du nur die Punkte, die Du in Deinem Gedicht haben möchtest. (Behalte aber in jedem Fall Deine wilde Stichwortsammlung, denn eventuell möchtest Du später nochmal darauf zurückgreifen.) Und siehe da, schon ist eine Struktur für Dein Gedicht entstanden, an der Du dich jetzt beim eigentlichen Dichtungsprozess nur noch entlang hangeln musst.

Tipp 2: Mach es Dir leicht und nimm ein bekanntes Gedicht als Grundlage

Für alle diejenigen, die sich besonders schwer tun, etwas eigenes zu formulieren, hier ein Tipp, der vieles vereinfacht: Nimm ein bekanntes Gedicht und schreibe es auf die Person oder das Thema um. Besonders gut funktionieren dabei die Klassiker, die wir noch in der Schule auswendig lernen mussten, wie etwa Schillers „Glocke“ oder „Der Zauberlehrling“ von Goethe. Weil das Publikum häufig denn Text schon sehr gut kennt, sorgt die „Verballhornung“ gerne auch für Lacher.

Tipp 3: Reimschema, Rhythmus und Betonung

Wer Tipp 2 nicht befolgen mag und sich an das Verfassen eines wirklich eigenen Textes wagt, dem sei empfohlen, eine möglichst einfache Reimform zu verwenden. Einfache Reimformen erleichtern auch den späteren Vortrag und sind für die Zuhörer gut verständlich. Die einfachsten Reimformen sind der Paarreim und der Kreuzreim.

Beispiel für einen Paarreim

Ein Schifflein ziehet leise

den Strom hin seine Gleise;

es schweigen, die drin wandern,

denn keiner kennt den andern.

Aus „Das Schifflein “ von Ludwig Uhland

Beispiel für einen Kreuzreim

Der Erde Stund ist sichtbar von dem Himmel

Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben,

Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel,

Und geistiger das weit gedehnte Leben.

Aus „Der Winter “ von Friedrich Hölderlin

Wichtig ist, wenn Du den ersten Reim verfasst, dass Du auf den richtigen Rhythmus und die richtige Betonung achtest: Es heißt also, die Silben in einer Textzeile zu zählen, die Anzahl sollte mit der nächsten Zeile übereinstimmen. Wer es kann, der darf auch Zeilen mit unterschiedlicher Silbenlänge kombinieren, dann muss er aber auch wissen, wie er sein Gedicht gut vorträgt und die Betonungen richtig setzt, denn dann muss man manche Wörter dehnen oder zusammenziehen. Im Deutschen hilft es, dass wir manche Wörter um eine Silbe verkürzen oder auch verlängern können. Gerade im Gedicht erlaubt uns das die berühmte „Dichterische Freiheit“. Anstatt „ich brauche“ können wir im Deutschen ja auch nur „ich brauch’“ sagen. Oder man kann aus „eine Suppe“ auch ein eher umgangssprachliches aber verkürztes „’ne Suppe“ machen. Es hilft immer sich eine Gedichtzeile laut vorzulesen, dann merkt man, wo es holpert!

Tipp 4: Gute Reime finden!

Nichts macht ein Gedicht mehr kaputt, als wenn es voller Standardphrasen ist. Also bitte wirklich den berühmten „Herz/Schmerz“-Reim einfach weglassen. (Höchstens man verwendet es komödiantisch). Beim Reimefinden hilft natürlich ein gutes Reimlexikon. Und wenn mal ein Wort zu lang oder zu kurz ist, kann auch ein Synonym-Wörterbuch helfen, um es zu ersetzen.

Tipp 5: Kontrolle ist gut!

  • Du bist zufrieden mit Deinem Werk? Bevor Du Dein Gedicht aber auf das Publikum loslässt, hier noch ein paar Empfehlungen, wie Du Dein Gedicht noch entscheidend verbessern kannst:
  • Nimm Dir Zeit! Es ist sehr hilfreich, wenn Du am Ende nochmal eine Nacht drüber schlafen kannst und dann die finalen Korrekturen machst
  • Lies das Gedicht am Ende mehrmals laut vor. Dabei findest Du die Stolpersteine am besten und kannst sie korrigieren.
  • Hol Dir eine zweite Meinung! Gib das Gedicht anderen zum Lesen oder trage es ihnen am besten vor. Du bekommst oft nützliche Ideen und Hinweise, die Dein Gedicht verbessern.

So und nun viel Spaß und viel Erfolg beim ersten eigenen Gedicht!!!